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Verdammt viel Geld

Bewirtung ohne den Wirt gemacht? Foto: Karl-Michael Soemer bei pixelio.de
Foto: kellermeister bei pixelio.de

| LB | 12.10.10 | Genau 262 Seiten hat der Rechnunghof in den Ring geworfen, 318 Seiten hat er – von engagierten Pressemitteilungen, Leserbriefen und Medienberichten ganz abgesehen – zurückbekommen! Unter dem Gesichtspunkt der Effizienz, der für die Prüfer ein hoher Wert ist, stellt das doch ein gutes Ergebnis dar. Oder?

Auf 318 zeitaufwändig erzeugten A-4-Seiten äußern sich ebenso umfänglich wie umständlich der Vorstand der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz, deren Kurator Kulturminister Karl Rauber, dessen Gutachter Rechtsanwalt Matthias Lippert sowie die Wirtschaftsprüfer der Public Audit Revision GmbH. Sie halten von den 262 Seiten des Rechnungshofs nicht viel, und das schreiben sie auch. Stiftungsvorstand Ralph Melcher bedient sich in seiner Stellungnahme zur Prüfmitteilung passagenweise eines teenagerhaft ironischen Tonfalls, der nicht unbedingt für ihn einnimmt. Der Subtext seiner Einlassungen lautet: Ihr habt von meinem knallharten Job alle gar keinen Schimmer, also lasst mich in Ruhe! Nur ist es nicht ganz so einfach. Die Stiftung Saarländischer Kulturbesitz ist nicht seine Firma, sie ist eine Stiftung des öffentlichen Rechts und handelt im Sinn eines staatlichen Auftraggebers.

Die öffentliche Diskussion, die um einen noch unfertigen und tatsächlich mit Schwächen versehenen Prüfbericht des Rechnungshofs entstanden ist, war nützlich; denn sie hat dazu motiviert, gegen die Gewohnheiten mehr Transparenz zu schaffen. Im Internet wurden die wesentlichen Texte zur Verfügung gestellt.

Stellungnahmen im Original

Auch die Staatsanwaltschaft wird sie sicher lesen; denn sie ermittelt weiter gegen Melcher wegen der Verdachts der Untreue zum Nachteil der gemeinnützigen Stiftung. Der vom Kulturminister bezahlte Gutachter Lippert verneint klar die Frage nach der Untreue, gibt aber eine Passage mit auf den weiteren Weg der Diskussion, die es in sich hat: „Ein Anspruch auf Erstattung von Bewirtungskosten […] gegen Herrn Dr. Melcher besteht dem Grunde nach in Höhe von insgesamt 5.267,66 Euro.“ Für ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Öffentlichkeit, Kurator und Stiftungsvorstand ist das verdammt viel Geld.


Die Causa Melcher entwickelt neue Dynamik

Nachdenkliche Blicke: Bauzaun am Saarlandmuseum.

| LB | 2.10.10 | Gutachter, die Kulturminister Rauber aus Steuergeldern bezahlt, um eine Prüfmitteilung des staatlichen Rechnungshofs zu widerlegen, ziehen - neben entlastenden Bewertungen - unter anderem die Schlussfolgerung, wegen „nicht nachvollziehbarer“ Ausgaben, etwa für interne Rücksprachen in Restaurants gehobener Preisklasse, seien Rückforderungen gegen Stiftungsvorstand Melcher zu prüfen.
Das beißt sich ein bisschen mit dem „Loblied“ auf ihn, das laut SZ-Reporter Jungmann vom Aufsichtsgremium der Stiftung nach dessen Sitzung angestimmt wurde (SZ vom 29.9.2010). In dem Zeitungsbeitrag ist auch, durchaus zustimmend, von einem „blütenweißen Persilschein“ die Rede.
Mit diesem und dem Loblied beißen sich allerdings auch ein wenig die staatsanwaltlichen Ermittlungen, die gegen Melcher noch laufen und immerhin zu Hausdurchsuchungen und, wie es hieß, zur Sicherung von Beweismaterial geführt haben.
Im Aktuellen Bericht des SR war nach der Kuratoriumssitzung ein nervöser Karl Rauber zu sehen, der stockend eine von Juristen vorformulierte Stellungnahme verlas und auf Nachfragen der Medien nicht antworten mochte. Vertrauen schafft das sicher nicht.
Kurios auch seine Ankündigung, die Stiftung werde die Anwaltskosten Melchers übernehmen, damit er sich gegen Vorwürfe der Staatsanwaltschaft wehren kann.


Kulturminister Rauber missbraucht Stiftung

| KF | 30.9.10 | Als einen Skandal sieht das Kulturforum Saar die "Reinwaschung" des mit seinen Dienstreisen und Spesenabrechnungen in die Kritik geratenen Vorstandes der Stiftung saarländischer Kulturbesitz, Dr. Ralph Melcher. Einmalig sei, dass nun sogar die Anwaltskosten Melchers auf die Stiftung und damit auf den Steuerzahler abgewälzt werden sollen. "Das ist ein absolutes Unding", so Dr. Burkhard Jellonnek, Vorsitzender des Kulturforums. Immerhin handele es sich hier um offizielle staatsanwaltliche Ermittlungen, denen mehrere Hausdurchsuchungen vorausgegangen seien. "Dass nun der Steuerzahler für persönliche Verfehlungen Melchers mithaften soll, ist ein eklatanter Missbrauch der Stiftung Kulturbesitz durch Kulturminister Rauber", so Jellonnek.
Dass Melcher für seine offensive Spesenpolitik zudem noch mit einer Universitätsprofessur quasi belohnt werden sollte, muss in den Augen der vielen Kulturschaffenden im Land wie Hohn klingen. Jellonnek begrüßte es, dass die Universität von sich aus das Berufungsverfahren gestoppt habe. Mit ihrer "Augen zu und durch"-Politik wolle die Landeregierung kaschieren, dass sie mit ihren Verzicht auf die früher ehrenamtlich arbeitenden Vorstände die Verschwendungssucht Melchers erst ermöglicht hat.


Warum war das so wichtig?

Jedem Anfang, sagt man, wohnt ein Zauber inne ... Bei Hesse geht es im Gedicht übrigens auch so weiter: "Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise, und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen!"

| LB | 2.9.10 | Kulturminister Karl Rauber hat dem Museumsdirektor und Stiftungsvorstand Ralph Melcher „mangelndes Gefühl für das rechte Maß“ vorgeworfen. Das jedenfalls sagte er jetzt in einem Interview mit dem Kulturmagazin „Opus“. In Kürze wird sich der Haushalts- und Finanzausschuss des saarländischen Landtags mit der „Causa Melcher“ erneut befassen. Und das ist gut so. Denn es stellen sich dem unbefangenen Betrachter, der die Diskussion um Reisekosten und Spesen aus den Medien kennt, eine Reihe von Fragen, die - trotz oder wegen Melchers anderweitiger Verdienste - auch gestellt werden dürfen.

Zum Beispiel: Warum ist es so wichtig, mit den eigenen Kulturministern auf Kosten der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz für teuer Geld essen zu gehen? Wenn das Argument stimmt, dass der Stiftungsvorstand vor allem im Dialog mit Künstlern und potentiellen Leihgebern großzügig zu sein hat, dann wäre dieses Geld jedenfalls denkbar schlecht angelegt.

Eine weitere Frage: Warum ist es so wichtig, mit einem Projektleiter, der von der Stiftung bezahlt wird, im „Ritz Carlton“ von Wolfsburg bei einem Diner für 630 Euro Gespräche über die saarländische Museumslandschaft zu führen? Oder auch: Warum ist es wichtig, bei Terminen in Spanien und Venedig auf Stiftungskosten die Ehefrau dabei zu haben? Wenn es dafür ein vernünftiges Argument gibt, sollte das Publikum es erfahren. Genau so, wie es wissen sollte, warum es vor ein paar Jahren so wichtig war, Melcher - inklusive einer monatlichen Sonderzahlung – die mehr als 60-prozentige Gehaltserhöhung zu bescheren?

Ein Kontrollmanagement für die Reise- und Bewirtungskosten gibt es jedenfalls nicht. Der Stiftungsvorstand kann schalten und walten wie ein Grundherr. Kulturminister Rauber hat an diesem Punkt Nachlässigkeiten seiner Vorgänger auszubaden. Kuratoriumsmitglied Walter Koch, ein erfahrener Unternehmer, hat das Seine dazu klar gesagt: „Eine Korrektur muss her“, so wird er in der Saarbrücker Zeitung zitiert. In Einzelfällen seien nämlich Ausgaben „zweifelhaft“.
Kochs Urteil müsste genügen, um dem Rechnungshof für sein Monitum dankbar zu sein, auch wenn es kleinlich wirkt, wenn eine Entnahme aus der Minibar für 13,50 Euro in dessen Analyse zu einem Thema gemacht wird. Den - obwohl noch vorläufigen - Bericht ernst zu nehmen, bedeutet auch keineswegs, dass wir uns hier zu Lande zukünftig mit Sammlern und Künstlern „an der Rostwurstbude“ treffen, wie Meinrad Grewenig pathetisch ins Feld führte.

Karl Rauber ist noch einige Auskünfte schuldig, hüllt sich in Schweigen, wartet auf ein Gutachten von Wirtschaftsprüfern. Mit ihm will er sich für seine Replik auf die Vorwürfe des Rechnungshofs wappnen. Nur wird er darin kaum die Antworten auf die wichtigsten Fragen - siehe oben - finden. Insofern ist es schwer zu widerlegen, wenn Reinhold Jost von der SPD-Landtagsfraktion angesichts der sprachlosen Staatskanzlei von „mangelndem Aufklärungswillen“ spricht.

Und was meint Melcher selbst? „Ich habe mich keiner juristischen Verfehlung schuldig gemacht!“, sagt er (SZ vom 14. Juli). Aber auch: „Ich habe mich in einer Form verhalten, die als überzogen gilt. Von außen muss es wohl aussehen, als sei da einer verrückt geworden.“


| Nachtrag | 23.9.10 | Medien berichten, dass die Staatsanwaltschaft aus Büros und Privatwohnung "Beweismaterial" mitgenommen hat. Andererseits werde Melcher durch das (noch unveröffentlichte) Gutachten der Wirtschaftsprüfer "teilweise entlastet".

| Nachtrag | 27.9.10 | Die Saarbrücker Zeitung berichtet über die noch unveröffentlichte Stellungnahme Melchers.

Zum Bericht der SZ


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